Biodiversität

Schatzkammer Löwenurwald

Als letzter geschlossener Tieflandregenwald Sri Lankas ist der Sinharaja-Forest dank seines Artenreichtums eine biologische Schatzkammer. Hält der Bevölkerungsdruck an den Rändern der Unesco-Welterbestätte weiter an, dann sind seine Tage allerdings gezählt. Die Anreien leben von und mit dem Urwald.Den Menschen blieb der ausgedehnte Sinharaja lange Zeit unheimlich, sie schlugen einen Bogen um den Urwald. Als die Portugiesen Anfang des 15. Jahrhunderts angekommen waren, legten sie erste Waldverzeichnisse an. Eine erste verlässliche Landkarte erarbeiteten später die Niederländer. Der britische Biologe Henry Trimen listete gegen Ende des 19. Jahrhunderts systematisch die Pflanzenarten des Löwenwaldes auf. Damals erklärten die Briten den Wald zum Schutzgebiet.

 

90 Prozent gerodet

Als zusammenhängender Lebensraum der Dschungelregion stellt der Sinharaja in einem Land, dessen Waldbestände zu 90 Prozent für die Landwirtschaft sowie für Tee- und Kautschukplantagen gerodet wurden, eine „biologische Schatzkammer“ dar. Von den rund 830 endemischen Pflanzenarten Sri Lankas wachsen ungefähr 500, darunter 140 Baum- und Schlinggewächse sowie 50 Orchideenarten, nur im Sinharaja-Wald, in dem 100 Baumarten vorkommen. Ähnliche Rekorde verzeichnete man bei der Fauna: 19 der 20 Vogelspezies, die im Schutzgebiet leben, sind gleichfalls endemisch. Zu den herausragenden Arten zählen der Sri-Lanka-Kitta, der Graukopfhäherling und die selten gewordene Breitschnabelracke. Unter den Säugetierarten des wildreichen Waldgebietes beträgt der Anteil der einheimischen Arten mehr als 50 Prozent. Mehrere um die 100 Meter hohen Erhebungen überragen das hügelige Gebiet, das aus der Vogelperspektive als ein relativ schmaler Waldgürtel mit einer Fläche von nur 80 Quadratkilometern wahrgenommen wird. Seit dem Mittelalter ist der Waldbestand auf der klimatisch günstigen Westseite, wo mittlerweile pro Quadratkilometer bis zu 500 Menschen leben, fortwährend geschrumpft. Gleichzeitig nahm der Bevölkerungsdruck zu; immer mehr Angehörige der auf 20 Millionen Menschen angestiegenen Bevölkerung lassen sich auf der Suche nach fruchtbaren Böden rund um das Schutzgebiet nieder. Wissenschafter schlugen Mitte der 1970er-Jahre erstmals Alarm: Sie protestierten gegen den weiteren Raubbau an Sri Lankas letztem grösseren Regenwaldgebiet, das auch bereits die Aufmerksamkeit der Edelsteinsucher erweckt hatte. Damals beschloss die Unesco, den Sinharaja in ihr «Man-and-Biosphere-Programme» aufzunehmen, da hierfür strengere Schutzbestimmungen gelten. Mit besten Absichten liess man die geschädigten Randbereiche unter anderem mit Honduranischem Mahagoni wieder aufforsten und erreichte genau das Gegenteil, da diese Baumart angestammte Arten im Schutzgebiet verdrängte. Gescheiterter Versuch Und auch der Versuch, Anfang der 1980er-Jahre die geschützte Fläche zu erweitern, stand unter keinem guten Stern. So wollte die Regierung die Bewohner zweier Dörfer in der Kernzone umsiedeln. Als die Menschen davon erfuhren, reagierten sie mit erbittertem Widerstand. Selbst die damals erwogene Erweiterung der Schutzzone steht bis heute auf dem Papier. Geplant war eine 3000 Hektar umfassende Pufferzone, doch auch dieses Vorhaben ist kaum mehr als eine Illusion, da sich immer wieder Siedler rund um den Park niederlassen. Solange auf Sri Lanka keine klar definierte Landnutzungspolitik betrieben wird, müssen sich die Naturschützer in Geduld üben. Beeindruckende Artenvielfahlt in Sri Lanka. Seit jeher ergänzen die Anrainer ihre Einkünfte durch die Früchte des Urwaldes: Man beschafft sich dort nicht nur Brennholz, sondern auch Gewürze, vor allem Kardamom, der sich auf den Märkten mit Erlös absetzen lässt.

Ausgelaugte Kulturflächen

Daran hatten Naturschützer nie etwas auszusetzen, denn eine schonende Bewirtschaftung des Löwenwaldes nach altem Herkommen ist in den Richtlinien des Biosphärenreservats vorgesehen. Als schwerwiegendsten Eingriff in diesen Kreislauf betrachten Wissenschafter die traditionelle Brandrodung, bei der Bäume gefällt und verbrannt werden, um die kargen Tropenböden mit Nährstoffen zu versorgen. Nach einem, bestenfalls zwei Jahren, sind die Kulturflächen ausgelaugt und fallen der Erosion anheim. Zwar drohen die Behörden bei Verstössen Strafen an, auch das Fällen von Bäumen ist ebenso wie die Edelsteinsuche untersagt, „diese Schutzmassnahmen stehen jedoch nur auf dem Papier“, klagt der Biologe und Parkführer Palitha Ratnayaka. Und so mag es nicht überraschen, dass im Sinharaja Forest weiterhin munter gejagt wird.

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