Umwelt

Afrika bald am Scheideweg

Eine grosse Herausforderung für die jetzigen und künftigen Generationen wird die Anpassung an den Klimawandel sein. Neben der drastischen Reduktion der Treibhausgasse geht es nun darum, mit dem steigenden Meeresspiegel, mit stärkeren Stürmen und Dürren umgehen zu lernen.

Selbst wenn es eine Einigung bei den Klimaverhandlungen gibt und sich die Unterzeichnerstaaten eines künftigen Klimaprotokolls auf ein zwei Grad Ziel verpflichten, wird dieses mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden. Viel wahrscheinlicher ist eine Erderwärmung von drei, wenn nicht gar vier Grad. Ein besonderer Fokus liegt auf der Landwirtschaft. Einerseits sind die Bauern und vor allem ihre Tiere für die Hälfte der ausgestossenen Methangase verantwortlich. Andererseits hat die Erderwärmung für alle Bauern ganz lokal spezifische Auswirkungen.

Krankheiten könnten sich wieder ausbreiten

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen für Afrika (UNEP) hat nun einen technischen Bericht über die Anpassung des Kontinents an den Klimawandel vorgelegt. Dieser Bericht geht von jährlichen Anpassungskosten von 7 bis 15 Milliarden Dollar ab dem Jahre 2020 aus, selbst wenn es gelingen sollte, die weltweite Erwärmung unter zwei Grad zu halten. Da dies unwahrscheinlich ist, muss mit weit höheren Kosten gerechnet werden. Schätzungen gehen von bis zu 35 Milliarden Dollar im Jahre 2050 und 200 Milliarden Dollar im Jahre 2070 aus. Nicht berücksichtigt ist dabei die wirtschaftliche Entwicklung der afrikanischen Länder mit steigenden Lohn- und Infrastrukturkosten. Zu den zu erwartenden Wetterveränderungen gehören heftige Niederschläge mit Überschwemmungen. Hinzu kommen chronisch überflutete Hafenstädte, sollte der Meeresspiegel um ein Meter steigen, was bei einer wahrscheinlichen Erwärmung von vier Grad möglich wäre. Dies würde nicht nur die Infrastruktur, sondern auch den Tourismus schädigen. Es gäbe Beeinträchtigungen bei der Landwirtschaft und der Fischerei. Doch wie sie ausfallen, ist schwer vorhersehbar. Die Nahrungsmittelsicherheit wird beeinträchtigt, die Fehl- und Unterernährungen werden wieder zunehmen. Gleichzeitig erleichtert das feuchtwarme Klima die Ausbreitung von Krankheiten. Malaria, Cholera und Dengue könnten wieder häufiger auftreten, was teilweise heute schon der Fall ist. Bereits bei einer Erwärmung von zwei Grad wird der Anbau von Mais, Hirse und anderen Grundnahrungsmitteln schwierig. Zudem werden sich die Regionen mit Trockenland vergrössern.

Flucht wird provoziert

Darunter wird auch die Artenvielfalt zu leiden haben. Die Ernten werden geringer, weil die Wachstumsphase der Pflanzen abnehmen wird. Zwar werden die Niederschläge laut Prognosen sehr stark ausfallen, doch über das Jahr gesehen ist bei einer Erwärmung von zwei Grad mit bis zu 20 Prozent weniger Niederschlägen zu rechnen. Sollte die globale Erwärmung auf vier Grad hin tendieren, werden die Niederschläge im südlichen Afrika um 30 Prozent zurückgehen. Die Konsequenz: Die Wüste wird sich im nördlichen Afrika stark und um das Horn von Afrika auch in Richtung Süden ausdehnen und auch Südafrika und Tansania werden zu Trockengebieten. All dies wiederum wird auch die Futterproduktion und die Tierhaltung negativ beeinflussen. Das gilt auch für die Fischproduktion in Seen und Flüssen. Die Korallenfelder, die Brutstätten zahlreicher Fischarten werden im schlimmsten Fall verschwinden. Schliesslich könnte auch die Energieversorgung in Schwierigkeiten geraten, wenn das Kühlwasser für Stromproduktionsanlagen fehlt. Zur Finanzierung des landwirtschaftlichen Umbaus und zur Vorbereitung auf die schweren Wetterereignisse stehen Geldmittel aus dem Klimafonds der Vereinten Nationen zur Verfügung. Diese Mittel werden auch benötigt, denn verschiedene Hafenstädte summieren so viele Risiken, dass das Leben für die Armen schwer erträglich werden könnte. Jedenfalls müssen Frühwarnsysteme für Fluten finanziert werden, es muss in Wasserreservoirs und Aufforstungsprogramme investiert werden, Hafenstädte mit Dämmen geschützt und in sanitarischer Hinsicht modernisiert werden, um die Ausbreitung von Krankheiten wie Cholera präventiv zu erschweren. Sollte die Welt sich wegen des ungebremsten Ausstosses von Klimagasen auf vier Grad Erwärmung zubewegen, was das wahrscheinlichste Szenario ist, wird sich allerdings eine gewaltige Finanzierungslücke auftun. Aufsummierte Anpassungskosten von fast 800 Milliarden Dollar bis im Jahre 2080 alleine für Afrika wird niemand decken. Die Tatsache, dass unter Beizug der OECD auch andere Modelle zur Finanzierung des Klimafonds überlegt werden – zum Teil mit Einbezug privater Investoren – erleichtert die gewaltige Herausforderung nicht. Es wird wie bei den Klimaverhandlungen üblich, zu viel Zeit mit Diskussionen über Modelle der globalen Erwärmung und deren Auswirkungen und Kosten verloren gehen. Viele Afrikaner werden nicht geduldig ausharren bis nichts geschieht, sondern ihre Meinung mit Füssen und als Boat People kundtun. Die entwickelte Welt wird ein Problem haben. So oder so.